Kommunikation schafft Zukunft

Den lieben Gott verkaufen

Den lieben Gott verkaufen

Ein zum Minister aufgestiegener deutscher Politiker gab bei einer PR-Veranstaltung einen Witz zum Besten: Moses kommt auf der Flucht vor den Ägyptern ans Rote Meer. Seine Lage ist verzweifelt, vor ihm das Wasser, hinter ihm die Verfolger. Da gibt ihm sein PR-Berater den Rat, die Arme zu heben und die Fluten zu teilen. Moses fragt zweifelnd, ob das denn funktioniere. „Falls es funktioniert, gibt das mindestens eine Seite Abdruck im Alten Testament“, so die Antwort des Experten.

Paulus, der erste PR-Mann?
Statt mit dem Alten Testament können wir aber auch mit dem zweiten Teil beginnen, dem Neuen Testament. Dort wird von einem gewissen Paulus erzählt. Eigentlich hieß er Saulus, war Jude und Christenverfolger, ehe er zum Paulus, Christen und Christusverkünder wurde. Er hatte sein einschneidendes Bekehrungserlebnis bei Damaskus, als ihm ein gleißendes Licht erschien – Jesus Christus. Fortan zog Paulus im Römischen Reich von Stadt zu Stadt und erzählte, was ihm passiert war. Er begeisterte andere für seine Sache. Er schrieb Briefe ohne Unterlass an seine Gemeinden und an öffentliche Stellen. Man könnte auch sagen: Er machte PR für seinen Herrn. Es gibt ernsthafte Wissenschaftler, die mit Paulus die Geschichte der PR beginnen lassen. Paulus als Anwender der Face-to-Face-Kommunikation oder als Erfinder der Pressemitteilung.

Den lieben Gott verkaufen
Was Paulus tat, muss auch heute jeder gute Theologe tun: Er verkauft den lieben Gott. Das ist der schwerste PR-Job überhaupt, denn das „Produkt“ des Theologen ist nicht fassbar. Gott lässt sich nicht sehen, greifen oder riechen, noch nicht einmal in Worte fassen. Ein PR-Mann oder eine PR-Frau haben es da leichter. Sie verkaufen Produkte und Unternehmen. Was Handfestes. Meist jedenfalls. Ähnlich einem Theologen muss aber auch ein PR-Mensch an das Produkt glauben, für das er PR macht. Ohne eine gewisse Identifikation geht es nicht.

Von „guten“ und „kommunikativen“ Botschaften
Ein Theologe hat immer eine Botschaft, ein Evangelium, was wörtlich übersetzt sogar „gute Botschaft“ heißt. Die kann man so umschreiben: Gott ist ein liebevoller Gott, einer der Leben will. Auch PR-Leute haben Botschaften, kommunikative nämlich. Ein PR-Mann überlegt sich ganz genau, welche Botschaften in allen Pressemitteilungen, Prospekten, Flyern und Newslettern durchscheinen sollen.

Männer und Frauen, Journalisten und Mitarbeiter
Unser Theologe weiß jetzt, welches Produkt er hat und welche Botschaften er verkünden will. Aber wem soll er das eigentlich erzählen? Menschen natürlich, werden Sie jetzt denken. Klar. Aber es gibt Männer und Frauen, Alte und Junge, Arbeiter und Intellektuelle, Kranke und Gesunde, die alle eine andere Sprache sprechen. Deshalb wählt ein Theologe je nach Situation eine andere Vorgehensweise. Gegenüber dem einen argumentiert er, für den anderen gebraucht er Bilder, beim Nächsten hört er einfach nur schweigend zu, er predigt von der Kanzel und schreibt im Gemeindebrief. Auch die PR-Leute haben verschiedene Menschen, die sie erreichen wollen. Das können Kunden, Journalisten, Nachbarn, Mitarbeiter, Investoren sein. Und auch diese Zielgruppen werden ganz verschiede angesprochen. Eine Pressemitteilung ist ein Instrument, ein Newsletter auch, ebenso eine Firmenbroschüre oder ein Geschäftsbericht.

Was ein Theologe wirklich will
Doch damit ist es nicht getan. Die eigentlichen Ziele des Theologen bestehen darin, das Image und die Bekanntheit seines Produktes zu optimieren, ebenso dessen Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit. Genau das, was auch ein PR-Mensch will. Beide versuchen, in den Köpfen ihrer Zielgruppen ganz bestimmte Bilder und Vorstellungen zu erzeugen.

Überzeugen statt Überreden
Ums Überreden geht es beiden nicht. Beide wären schlecht beraten, wenn sie das wollten. Ihr Ziel ist vielmehr das Überzeugen. Das ist mehr als ein sprachlicher Unterschied. Das Überreden ist immer aufs Manipulieren aus. Nur durch Überzeugen kann man Menschen gewinnen.

Schlechtes Image der „Firma“ Kirche
Allerdings ist das Überzeugen für einen Theologen keine leichte Aufgabe, denn er ist immer auch Vertreter der „Firma“ Kirche. Um das Image seiner „Firma“ steht es nicht zum Besten. Sie gilt als rückständig, verbohrt, frauenfeindlich, anti-intellektuell und was sonst noch. Auch PR-Leute haben es nicht einfach, wenn sie für ein Unternehmen PR machen, dessen Image schlecht ist. Die öffentliche Meinung ist da unerbittlich, und manche Firmen sind schon an ihrem negativen Image zugrunde gegangen, obwohl dieses Image keine reale Entsprechung hatte. Images sind wirksam, auch wenn sie gar nichts mit der Realität zu tun haben.

Das Kreuz – das erste globale Logo
Da hilft dem Theologen auch nicht, dass seine Firma das erste globale Logo erfunden hat – lange vor Coca Cola, McDonalds oder Nike. Seit 331, als Kaiser Konstantin im Zeichen des Kreuzes eine entscheidende Schlacht gewann, trat das Kreuz einen unaufhaltsamen Siegeszug an, rund um die Welt. In jedem Land und von nahezu jedem Menschen wird es verstanden. Darum beneiden die PR-Leute die Theologen. Ihr Traum ist es nämlich auch, ein Logo dieser Qualität zu haben, ein Corporate Design, das von jedem verstanden wird.

Wir sind am Ende unseres Streifzuges durch die Welt der Theologen und PR-Leute angelangt. Beide Welten haben eine Menge gemeinsam.